18. März 2016

Wut auf Deutschland, Wut auf Deutsche

Mahan Esfahani (31) gehört zu besten Cembalisten unserer Zeit. Vor kurzer Zeit spielte er in Köln in der Philharmonie. Zuerst Stücke von Johann Sebastian Bach und Fred Frith. Nach der Pause folgte ein Konzert für Cembalo und Streicher von Henryk Mikolaj Górecki – alles paletti. Alles wunderschön.
Als er dann „Piano Phase“ von Steve Reich aus dem Jahr 1967 auf Englisch ankündigte, war’s mit der Ruhe vorbei: Ein Teil des Publikums wurde laut und verließ das Konzert. Einige Rufe wie „reden Sie doch gefälligst Deutsch!“ waren zu hören.
Was jetzt folgt, stammt von einem sehr wütenden Therapeuten.

"Die Flüchtlingskrise wird zur Krise der deutschen Gesellschaft. Sie legt frei, was am Boden der deutschen Seele immer noch schlummert."

Nachdem Erika Steinbachs mit ihrem Eklat endgültig bewiesen hat, dass die Dummheit zwischen den Geschlechter gleich verteilt ist, nachdem über 1000 Angriffe auf Flüchtlingsheime es letzten Jahres gab, müsste uns deutschen Bürgern klar sein:

Der Sänger Reinhard Fendrich hatte Recht, als er schon vor vielen Jahren auf der Bühne einmal sagte, dass die echten Feinde der Demokratie eher im Landesinneren zu suchen seien.

Dass Frauke Petry ihre eigene Umfrage verloren hatte , ist marginal. Schliesslich waren bei der Wahl jetzt eine Menge Deutscher gewillt, das Gedankengut an Bodensatz in Kauf nehmen, um ..was? Protestwähler zu sein?

Eine Tatsache: Zum Teufel mit den Politikern

Ähnlich vielleicht wie in USA: Auch hier arbeitet sich ein Populist zur Politik durch, egal welche Fakten über ihn bekannt werden. Es gibt in der westlichen Welt eine starke Tatsache: dass grosse Teile der Bevölkerung die jetzige politische Elite und ihre Art und Weise, die Probleme anzugehen, zum Teufel wünscht. Zu lange zu viel Arroganz, blasierte Floskeln und dünkelhaftes Gehabe gepaart mit Schlechtleistung und dem Unvermögen, den Bürgern ihrer Länder in Krisenzeiten eine realistische Perspektive und Unterstützung zu geben, sind die permanente Verursacher dieser Wut.

Menschen treten gerne auf die, die unten sind

Aber dass Mittelstand und Schwache bereit sind, noch Schwächere bereitwillig in den Dreck zu stossen ... oder will man nachher (schliesslich ist das Wahlprogrmam der AfD jetzt draussen) wieder sagen: "Wir haben ja nichts gewusst?" Den Satz haben viele aus der Bevölkerung schon einmal benutzt; und als die Amerikaner dann Fotos aus den Orten und von den Vorfällen in den Strassen ausgehängt hatten, von dem die Einheimischen nichts gewusst haben wollten, waren die so Unwissenden auf einmal sehr wütend auf die Amerikaner.

Im 19. Jahrhundert, als es den Menschen viel "dreckiger" ging als heute, formulierte der Marx den Aufruf "Proletarier vereinigt euch". In Frankreich klangen Lieder wie "Solidarité mes frères ("Solidarität, meine Brüder"). Den heutigen Geist aber hat die Werbung treffsicher (wie so oft) erkannt: "Unterm Strich zähl ich." Es ist interessant, dass heute die, die glauben, bedroht zu sein, gegen die vorgehen, die bedroht sind.

Wissen würde helfen, wenn es denn existierte

Die wenigsten Deutschen wissen am eigenen Leib, was Flucht bedeutet. Die wenigsten wissen, wie es ist, in einem fremden Land zu leben. Dieses Gefühl der Fremde, das intuitive Spüren, dass man hier nie dazugehören, immer nur im äusseren Kreis leben wird, egal wie man sich anpasst. Plus immer die Beteuerungen der Einheimischen, dass das alles gar nicht der Fall sei, dass sie doch so aufgeschlossen, tolerant, weltoffen seien und eine Willkommenskultur pflegen. Nein, Leute, nein. So ist es nicht. Die Bürger eines jeden Landes glauben immer, sie hätten Recht in solchen Fragen. Sie haben es nicht. Jeder Mensch hat seinen blinden Fleck. Dies ist der ihre.

Man muss mir das nicht glauben. 

Diejenigen, die es nicht tun, rate ich aber: Überprüft es. Geht ins Ausland. In eines, das eurer Kultur fremd ist. Also nicht etwa in so ein nahes Land wie die Türkei, die schon lange Kontakte zur europäischcen Kultur hat. Sondern weiter, viel weiter weg. Nicht in die Handelszentren der Welt, sondern dort, wo dies keine Rolle spielt. Nicht dort, wo man Englisch spricht, sondern wo man die Schrift nicht mehr lesen kann. Dorthin, wo die eigene Ausbildung und der gelernte Beruf nicht zählt. Und dann taucht ein in das Gefühl, das entsteht. Und dann taucht noch länger ein. Und dann, dann reden wir noch einmal. Ich weiss, wie das ist.

Dass man inzwischen auch schon gegen Menschen, die wegen ihres Könnens internationales Ansehen sich erarbeitet haben, mit deutschtümmelden Sprüchen jault, zeigt, wie geistige Minderwertigkeit im Denken und Erleben bereit um sich gegriffen hat. Werden wir in Zukunft mit dieser Art von Deutschen leben?

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  • über die Vorfälle beim Konzert wird hier berichtet
  • das Zitat zur Flüchtlingskrise stammt hieraus

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