15. Mai 2012

Loslassen können

wer loslässt, hat die Hände frei
"Lass doch endlich los!" - egal ob Sie Sprecher oder Adressat waren ... dieser Satz wird meist von einen etwas genervten Unterton begleitet. Meistens hat dieser genervte Unterton einen Grund:
Der Sprecher ist am Ende seiner Weisheit angelangt und weiß selbst nicht, was er sonst noch an Ratschlägen anbringen soll.

Dem Ganzen geht meisten schon etwas voraus, aber gesetz dem Fall, es geht wirklich ums "loslassen", dann ist Folgendes der Fall:

  1. Das, was man loslassen soll, liegt in der Vergangenheit und ist vorbei, hat aber im Kopf des Betroffenen noch "Nachwirkungen".
  2. Die Nachwirkungen sind dergestalt, dass der Adressat des Satzes sich in etwas verbissen zu haben scheint, das nicht änderbar ist, aber er lässt es nicht auf sich beruhen.

Unser Leben springt nicht immer sorgsam mit uns um.
  • Manche verlieren ihren Job und damit ihre Perspektive
  • der Partner trennt sich, er "ersetzt" sie durch eine Jüngere, sie "nimmt" ihm die geliebten Kinder
  • ein uns nahestehender Mensch stirbt
... wenn uns das Leben eine Lektion erteilt, tut es das fast immer, indem es uns einen Verlust zufügt.

Menschen, die nicht loslassen können, verbleiben deshalb - oft viele Jahre lang -
  • in Verzeiflung wegen dem Tod eines geliebten Menschen, eines Verwandten, eines Partners, eines Kindes
  • in Gefühlen von Verletzungen, die ihnen zugefügt wurden
  • in Schuldgefühlen aufgrund von getanen Dingen, auf die man nicht stolz ist
  • in Wut und Anklage wegen erlebten Benachteiligungen und Ausgrenzungen
  • in selbstschädigenden Verhaltensmustern, wie Alkohol-, Drogenkonsum oder indem manche sich anpassen bis zur Selbstaufgabe
  • in einem Job, der uns nicht gut tut, weil er Dinge beinhaltet, die schädlich sind für uns oder andere
  • in einem Umfeld mit lebensfeindlichen religiösen oder politischen Systemen
Wie kann es sein, dass einige Menschen damit besser klar kommen, den Blick nach vorne richten können und sich von all den Unguten innerlich distanzieren und verabschieden können, während andere mit sich, mit dem Schicksal, mit der Welt noch Jahre danach noch hadern?

Oft geht es diesen Menschen um eines: Gerechtigkeit. Jemand hat ihnen Unrecht zugefügt und es hat niemand interessiert. Und interessiert bis heute nicht. Und das geht nicht. Zumindest nicht in den Augen dieser Betroffenen. Ungerechtigkeit ist nicht zu dulden.

Das ist selbstverständlich richtig. Es hat wie alles seine zwei Seiten im Leben.
  • Erstens gilt: Wer Ungerechtigkeit duldet, macht sich mitschuldig.
  • Genau so aber gilt: Wenn es keine Möglichkeit gibt, es zu ändern, muss man damit leben.
Was in der Vergangenheit liegt, ist geschehen und ist nicht mehr veränderbar. Es nutzt auch nicht, aus der Situation raus zu gehen. Die Situation ist ja bereits vorbei, man ist schon draussen. Es nutzt auch nichts, sich von seiner Vergangenheit zu distanzieren. Die eigene Biographie nimmt man immer mit, egal wohin man geht. Aber was man tun kann, ist, sich zu seiner Vergangenheit so zu verhalten, dass einem eine gute Zukunft möglich ist.

Eine gute Zukunft hat man nur, wenn wir die Vergangenheit akzeptieren. Als etwas, was unveränderbar geschehen ist und als etwas, das vorbei ist. Egal, ob es sich um eine verpatzte Prüfung, eine nicht wahrgenommene Gelegenheit oder ob es sich um etwas Schwerwiegendes wie üble Nachrede, falsche Anklage oder um Schicksalsschläge handelt. Es ist geschehen, es gefällt mir ganz und gar nicht, es hat aber stattgefunden. Ich akzeptiere, dass das, was geschehen ist, nicht rückgängig zu machen ist.

Das kann bedeuten, zu akzeptieren
  • dass die Welt nicht fair ist
  • dass ich nicht perfekt bin und Fehler begehe und in Zukunft auch begehen werde
  • dass andere Menschen sich nicht nach meinen Wünschen richten
  • dass der Partner nicht so ist, wie ich es mir vorstelle, er zu sein hat


This isn't giving up, no this is letting go #riseagainst
By Jonj2387J at 05/15/2012 16:11

Akzeptieren heißt in keinster Weise zu kapitulieren in Sinne von einknicken. Akzeptieren heißt, sich den Relitäten stellen. Und ehrlich gesagt, die sind so, dass die Welt nicht auf uns gewartet hat. Auf niemanden von uns. Wieso nehmen wir immer noch so gerne an, wir seien der Mittelpunkt des Universums? Das ist definitiv nicht der Fall, dass sich alles um uns dreht.
In der Evolution sind wir eine sehr junge Spezies. Und es ist fraglich, ob wir bislang so ein Segen  waren oder wir Menschen nicht mehr Schaden angerichtet haben als gut war.

Akzeptieren bedeutet, dass das Hadern mit sich selbst und der eigenen Vergangenheit aufhört, dass Kopf und Herz wieder frei werden für Neues und Anderes.
Es bedeutet, nicht nur die Vergangenheit, sondern auch die Gegenwart und die Zukunft wichtig zu nehmen. Alle drei sind in gleicher Weise zu würdigen, meist ist aber nur eine der drei in unserem Fokus.

Akzeptieren bedeutet, sich selbst und anderen verzeihen können, nicht weil mir irgendein Gesetz oder Moral oder Religion das sagt, sondern weil mir mein Leben und meine Zukunft wichtig genug ist.
Akzeptieren heißt, sich nicht als unwichtig, sondern als wichtig zu nehmen, aber auch nicht wichtiger.


Letting go could be hard, but its worth not being stressed all the time
By WTFisIVYLEAGUE at 05/15/2012 16:11

2 Kommentare :

  1. Anonym21.11.12

    Akzeptieren... aber warum fällt das so schwer?
    Hast du darauf eine Antwort?

    Welchen Lösunsgsansatz bietet denn z.B. die systemische Therapie oder auch die Hypnotherapie, um gerade in solchen Situationen helfend zu unterstützen? Denn gerade dann ist man als Betroffener oft hilflos - oft so lange, bis sich gewisse Denkmuster und auch Verzweiflung chronifiziert haben... und der Blick nach vorne immer schwieriger wird.

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    Antworten
    1. Hallo anonym,
      merci für deinen Kommentar. Im aktuellen post gibt es eine hypnotherapeutische Sichtweise dazu:
      http://gutklarkommen.blogspot.de/2012/11/von-der-schwierigkeit-loszulassen.html

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